„Ob Foul war, interessiert keinen“

Dennis Ogbe aus Unterhaching spielt im US-College und trainiert im August beim Bezirks-Sommercamp

Dennis Ogbe aus Unterhaching hat zunächst für den TSV Unterhaching gespielt und war dann mit den „Franken Hexern“ in der NBBL und dort im All-Star-Team. Seit 2010 spielt er für das College-Team von Tennessee Tech. Im Sommer wird er zum Trainerteam des Bezirks-Sommercamps in Vilsbiburg gehören.

Die College-Saison geht ja gerade auf die Zielgerade. Wie siehts denn für Deine „Golden Eagles“ aus?
Ogbe: Unsere Saison war eher durchwachsen. Wir sind mit großen Hoffnungen in die Saison gestartet und hatten es dann doch schwerer als gedacht. Es hat sehr lange gedauert, bis sich unsere Teamchemie richtig eingestellt hat und besonders in der Conference-Season haben uns zwei Niederlagen gegen schlechter platzierte Teams sehr wehgetan. Wir sind als Viertplatzierter im Viertelfinale des OVC Tournaments gestartet und nachdem wir dort gegen SEMO gewinnen konnten, sind wir im Halbfinale gegen ein unglaublich starkes Murray State Team rausgeflogen. Murray war zu diesem Zeitpunkt und ist immer noch eines der zehn besten Teams in den USA.

Kannst Du Dich angesichts des Stellenwerts dieser Liga noch manchmal an das „Turnhallen-mit-Sprossenwand“-Feeling in Unterhaching und Nürnberg erinnern…?
Natürlich kann ich das, das Spiel ist ja immer noch das selbe. Hier ist ein bisschen mehr Geld und Prestige dabei, doch im Endeffekt sind es – wie in Unterhaching – zehn Jungs, die Basketball spielen.

Wie kam‘s, dass Du mit 19 Jahren in die USA gegangen bist? Und wie ist es für Dich gelaufen, auf und neben dem Platz? Haben sich Deine Erwartungen erfüllt?
Ich bin aus verschiedenen Gründen in die USA gegangen: Zunächst ist Basketball dort um einiges populärer als in Deutschland, das heißt die Hallen sind speziell für Basketball gebaut, es kommen auch Spiele aus kleineren Conferences im Fernsehen etc. Ein weiterer Grund war, dass ich raus aus Deutschland wollte, um damit anzufangen, mir die Welt anzusehen. Tennessee ist zwar nicht repräsentativ für die gesamte USA, aber es ist ein Anfang. Mein Hauptgrund war jedoch die Tatsache, dass ich neben dem Basketball auch studieren wollte, und das wäre für mich in Deutschland in dem Umfang, in dem ich es hier mache, nicht möglich gewesen. Durch meine Nähe zur Uni und einem abgestimmten Zeitplan zwischen Uni und Basketball ist es mir hier möglich, mein arbeits- und zeitintensives Elektrotechnikstudium zu absolvieren und trotzdem 10 bis 20 Stunden die Woche zu trainieren.

Vermisst Du was an Bayern?
Ich denke, dass jeder bayerische Auswanderer das Bier seiner Heimat genauso vermisst wie ich.

Im Sommer wirst Du wieder in Bayern sein und zum dritten Mal beim Sommercamp des Bezirks dabei sein. Was gefällt Dir daran?
Das Camp gibt uns, den Coaches, die Möglichkeit, jungen Sportlern unsere Begeisterung für Basketball näher zu bringen. Es ist eine Plattform, durch die wir unsere persönlichen Erfahrungen teilen und selber auch einiges dazulernen können. Und mir persönlich macht‘s einen Riesenspaß, unter so vielen tollen Menschen zu sein.

Was kann ein College-Sophomore den Kids ganz speziell vermitteln oder beibringen?
Was mir besonders wichtig ist, ist, dass die Camper bei jeder Einheit alles geben; dass sie bei jedem Spiel oder bei jeder Übung 100 Prozent da sind. Nur diszipliniertes und effizientes Training führt zum Erfolg. Als Spieler sollte man keine Trainingseinheit verschwenden. Außerdem ist mir Teamwork sehr wichtig. Meine persönlichen Erfahrungen mit Teams in Unterhaching, in Nürnberg und auch hier in Tennessee haben mir gezeigt, dass Basketball nur dann wirklich Spaß macht, wenn jeder in der Mannschaft voll dabei ist und alle an einem Strang ziehen. Was dazu kommt: Geteilter Erfolg ist doppelt so schön.

Was erlebst Du als größten basketballerischen Unterschied zwischen Bayern und USA?
Hier geht es doch um einiges härter zu. Besonders im Training interessiert es keinen, ob da jetzt gefoult wurde oder nicht, es wird einfach gespielt. Dazu kommt, dass es hier Athletik im Überfluss gibt. Ein Ausnahmeathlet im deutschen Basketball wäre hier Durchschnitt. Das heißt, dass hier zwar auf Technik auch Wert gelegt wird, aber im Endeffekt doch sehr viel mit purer Athletik gearbeitet wird. Die Spieler, die Technik und Athletik richtig kombinieren können, sind die, die man sich dann nach einem Jahr College mit dem NBA League Pass ins Wohnzimmer holen kann. Ausserdem wird den Spielern hier Teamplay erst wirklich am College beigebracht, denn in den Highschools machen die guten Spieler oft alles alleine, weil sie sich entweder ein College-Stipendium sichern wollen, oder weil sie ihren Mitspielern einfach um Lichtjahre voraus sind. Das führt dann dazu, dass einige Spieler am College in Quasi-Existenzkrisen geraten, weil sie auf einmal den Ball passen müssen, um den besten Schuss für das Team rauszuholen.

Dein Tipp an die nächsten Camp-Generationen: lohnt sich das Wagnis USA?
Das kommt natürlich immer auf die persönliche Situation an. Ich denke, dass der Sprung in eine Profikarriere in Europa leichter ist, wenn man seine basketballerische Ausbildung in einem Farmteam der großen Vereine wie zum Beispiel Bamberg absolviert, da das Spiel in den USA doch um einiges anders ist. Wenn ein junger Spieler diesen Weg einschlagen will, muss er sich aber zu 100 Prozent sicher sein, denn dieser Weg erfordert eine unglaubliche Menge an Disziplin und Geduld und läßt nur sehr wenig Raum für basketballfremde Aktivitäten wie Ausbildung oder Studium. An einem US-College läßt sich eine akademische Ausbildung mit einer basketballerischen Ausbildung kombinieren, dies ist jedoch ebenfalls unglaublich zeitaufändig und die Spielweise hier ist nicht für Jedermann. Wie bei vielem im Leben gibt es hier Vorteile und Nachteile. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was das beste für ihn ist. Ich bin überzeugt, dass es sich für mich gelohnt hat.

Und woran müssen sie am härtesten arbeiten, wenn sie´s mal bringen wollen, was waren Deine größten Defizite anfangs?
Ist ein gutes Spielverstandnis vorhanden, sind die wichtigsten Punkte Athletik und Toughness. Es wird in den USA immer einen Spieler geben, der höher springen und schneller laufen kann als man selber, deswegen ist es wichtig, konstant an seiner Athletik zu arbeiten. Ausserdem werden hier weniger Fouls an den Armen gepfiffen, das heißt man sollte sich darauf vorbereiten, dass beim Dribbling immer einer reingreift und dass man beim Korbleger in den meisten Fällen irgendwie gefoult wird. Wenn man tough genug ist, trotzdem erfolgreich zu sein, sind die Chancen, es später mal zu was zu bringen, um einiges höher.